Foodfreedom und ich

Oder wie ich es geschafft habe das eine Tafel Schokolade auch wochenlang im Schrank keine Beachtung findet.


Auch als Ernährungsfachkraft kann man ein wirklich seltsames Verhältnis zum Essen haben. Tatsächlich habe ich als Jugendliche eine lange zeit sehr restriktiv gegessen. Das ging sogar noch bis ich Anfang zwanzig war. Ich glaube mein größtes Problem damals war, dass ich einen Großteil meines Selbstwerts über mein Aussehen und Gewicht definiert habe. Es war mir super wichtig schlank und schön zu sein, denn in unserer Gesellschaft bedeutet das leider immer noch, dass man für erfolgreich, willensstark, schlau und diszipliniert gehalten wird. Zum Glück hat sich das ausgewachsen.

Nach dieser Phase und mit Abschluss meines Studiums wurde mein Essverhalten deutlich entspannter, aber dafür habe ich angefangen viel Sport zu treiben, um mich nicht mehr darum sorgen zu müssen wie viel ich esse. In dieser Zeit bevorzugte ich aber auch sehr "cleane" Lebensmittel und fühlte mich in meinem "superhealthylifestyle" mega toll. Gleichzeitig hatte auch aber ein Problem damit Süßigkeiten zu Hause zu bunkern, da ich sie sofort aufgegessen habe. Ich glaube das ist ein Gefühl, dass viele kennen.  Ich hätte nie gedacht dass ich es mal schaffe zu Hause entspannt Schokolade liegen zu lassen, ein leckeres Gericht im Restaurant nicht ganz fertig zu essen, weil ich satt bin oder eine Pizza schon zum zweiten Mal in einer Woche zu bestellen ohne, dass ich ein schlechtes Gewissen haben muss. Wie kams dazu und was ist dann passiert?

Dass ich so entspannt mit Lebensmitteln umgehen kann wie heute verdanke ich einem meiner Ex -Partner. Da er ein Mensch ist der den ganzen Tag super viel Nicht- Vollkornbrot, Sahnesoße, Bratkartoffeln, Carbonara und sonstige kalorienreiche Lebensmittel essen konnte, ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen und nach jeder Mahlzeit immer etwas Süßes brauchte, wurde ich plötzlich viel häufiger mit diesen Lebensmitteln konfrontiert und da man - wenn man jemanden frisch kennenlernt - nicht unbedingt alles ablehnen möchte, habe ich auch immer mitgegessen. Ich habe täglich Kekse, Brot und Kuchen gefuttert, bis ich einfach keine Lust mehr hatte und es nicht mehr spannend war. Irgendwann - nach einigen Monaten - kam der Punkt, an dem ich einfach keinen verdammten Keks mehr zu meinem Kaffee haben wollte. Nicht, weil ich ein schlechtes Gewissen hatte, sondern, weil mir die Kekse, die Schokolade, der Kuchen und die süßen Teilchen,  weil mir das alles zum Hals raushing. Was ich nicht verschweigen darf: natürlich habe ich in der Zeit zugenommen. Meiner Ansicht nach ist es eher unwahrscheinlich, dass man einen solchen Prozess schafft, ohne dass das Gewicht sich nach oben regulieren wird. Aber was danach passiert ist, war magisch, denn "böse"  Lebensmittel sind einfach kein Thema mehr für mich. Ich muss nicht mehr darüber nachdenken was ich esse. Ich esse schon immer wahnsinnig gerne Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, vollwertige Milchprodukte, Obst, Nüsse, Samen, Kerne und das macht auf natürliche Weise auch den Großteil meiner Mahlzeiten aus, aber ich esse auch wahnsinnig gerne Pizza, Baguette, Fritten und Sahnesoßen und natürlich Schokolade und Kekse, leckere Torte oder Eis. Nur jetzt ist es für mich einfach keinen Stress mehr ich mache mir weder Sorgen, noch Vorwürfe und fühle mich nicht schuldig. Das ist es mir absolut wert, dass ich jetzt etwa vier Kilo mehr wiege als vor drei Jahren und etwa 14 kg mehr als vor zehn Jahren. Ich weiß, dass ich ein wertvoller Mensch bin und einen wertvollen Beitrag mit meinem Leben leiste, egal wie viel ich wiege oder wie ich aussehe. Und das ist das schönste Geschenk das man sich selbst machen kann.